Vortrag zur Unendlichkeit

Vortragsankündigung | Übersicht über Mathematik- und Philosophiegeschichte


I. Vortragsankündigung

Jörg Rudolf                                                                                                        14. Mai 1996

Unendlichkeit in Mathematik und Religion

Aspekte eines fächerverbindenden Ansatzes

"Das Unendliche hat wie keine andere Frage von jeher so tief das Gemüt des Menschen bewegt. Das Unendliche hat wie keine andere Idee auf den Verstand so anregend gewirkt. Das Unendliche ist aber auch wie kein anderer Begriff der Aufklärung so bedürftig." (David Hilbert)

Das Ringen um das Unendliche verbindet die Mathematik, die Philosophie und die Theologie. Seit den Paradoxien Zenons, seit der begrifflichen Unterscheidung des Aristoteles zwischen "potentiell" und "aktual" unendlich hat der Unendlichkeitsbegriff die Menschen, die sich mit ihm auseinander setzten, zu immer neuen Ansätzen in den oben genannten Wissenschaften geführt.

In der Mathematik ergaben sich zahlreiche anregende Paradoxien beim Rechnen mit unendlichen Reihen, die letztlich zur Ausarbeitung des Grenzwertbegriffs führten. Dabei bleibt die Analysis auf der "sicheren Seite" der potentiellen Unendlichkeit.

Den Sprung über den "Abgrund" vollzieht letztlich Georg Cantor, Mathematiker und Theologe, indem er die Existenz aktual unendlicher Mengen postuliert. Das führt zu neuen Paradoxien, wie sie z. B. in der Geschichte von "Hilberts Hotel" anschaulich geschildert sind. Die Dedekindsche Definition des Unendlichen - nicht einfach als Nicht-Endlich - bedient sich aber gerade dieser paradoxen Erscheinungen. Eine der großartigsten Leistungen des menschlichen Denkens, das doch in der Endlichkeit des Menschen verhaftet sein müsste, stellen die Cantorschen Diagonalverfahren dar, die Ordnung im Unendlichen schaffen.

Von der Faszination des Unendlichen geben die Fraktale einen bildhaften Eindruck: unser Auge kann eintauchen und sich auf eine Reise ins Unendliche begeben.  Auch in den Bildern von M. C. Escher - wie z. B. im unten abgebildeten "Drehstrudel" - lässt sich unser Verstand anregen, immer weiter zu denken, letztlich jede Grenze zu überschreiten. Vielleicht empfinden auch wir moderne Menschen etwas vom "horror infinitu", den Blaise Pascal so treffend formulierte: "Was ist der Mensch angesichts des Unendlichen?"

So führen die Überlegungen zum Unendlichen letztlich zu einer Aussage über den Menschen: Wo kann sich der Mensch einordnen: zwischen der Endlichkeit der Welt und dem, was ihm vorausgeht und ihn übersteigt, "was nicht mehr größer gedacht werden kann", wie eine von Anselm von Canterbury geprägte Bezeichnung Gottes lautet, die auf dessen aktuale Unendlichkeit zurückgreift.

Diese Reise ins Unendliche unternahmen in einem fächerverbindenden Projekt Schülerinnen und Schülern einer Klasse 11 am Theodor-Heuss-Gymnasium in Freiburg.


II. Überblick über Mathematik- und Philosophiegeschichte

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